Dan DĂNILĂ
DIE  DICHTER

Für manchen hat hier eines nur Gewicht:
der Wechselkurs – er ist das einzig Wahre.
Sie aber schreiben auf die unscheinbare
Kartoffelblüte gar ein Preisgedicht.

Nur, daß ihr Duft in Übersee geblieben,
wird ihr zur Last gelegt, nicht zählt dabei,
daß sie die Schwester der Kastanie sei,
aus jedem Garten wird sie drum vertrieben.

Fehlt selbst zum in die Irre gehn der Raum
und schwelen in die Städten ganze Wälder,
werden zu Aushangschildern Wolkenfelder,
doch niemand liest sie oder sieht sie kaum.

Erfindet dann das Eisen neue Sprachen,
die Auserwählte zähneknirschend pflegen,
entkommst du nicht dem Dröhnen, das wie Regen
von Rost durchsetzt entstürzt dem Speierdrachen.

Jedes Gehör scheint dann von Wachs verschlossen,
rings und herum verstummen alle Zungen,
Kanonen schweigen, denn in Glockenlungen
– verkehrte Kelche – sind sie ausgeflossen.

Wenn Angst als Perlenkette sich begreift,
die sich mit jedem Gast verlängert – und
die Nacht ist nur ein herrenloser Hund
der seine Kette an der Schwelle schleift,

dann tragen auf dem Flug erstarrte Schatten-
gespenster auch die Schuld an tieferem grau
des Lichts auf ihren Flügeln bei der Schau,
weil sie sich allem selbst enthoben hatten.

In Schwärmen, nacheinander – Wanderworte –
rufen sie alle, kehren endlich wieder,
nisten sich ein und lassen scheu sich nieder
in dem Gedicht, dem alten Heimatorte.

               AN  JULIA

Blutgenährt und aus der Tiefe,
Julia, kommen diese Briefe.
Meine Feder geht ans Leben,
viel zu schön ist Schreiben eben,
darfst dir all die schlecht und rechten
Verse um die Schläfen flechten

Du mein Abend und mein Morgen,
nie ist mir dein Tun verborgen,
schlägst mit Kinderhänden klein
noch auf Kerkerträume ein,
schleichst mit Brüste kalt und bleich
in den Schlaf mir schlangengleich

Fieberhaft quält das Verlangen,
kreideweiss sind meine Wangen,
neigen Kelche, Wein und ich
sich dir, zu und über dich,
und mein Bett sieht ahnungsreich
dir höchst zwillingsschwestergleich

Rastlos muss ich mich mit kühlen
Händen durch die Blätter wühlen,
so ins Blut ging mir dein Bild,
kirrt und zwingt mich ungestillt,
rings mit Lachen bald und Klagen
deine Vettern zu erschlagen...

               PARIS

In den Jahren der Besatzung, Cioran auf dem Fahrrad
auf der Place Concorde, zwischen Panzerwagen,
Lautsprechern mit Edith Piaf
und Wagen mit blau-weiß-rotem Eis,
feinsinnigen Formen des Widerstandes

in den Cafés wurde herausfordernd geschwiegen,
philosophisch geschwiegen – die Schubladen wurden geleert,
die Manuskripte mit Fallschirmen abgeworfen
über den Almen der Schweiz,
aber niemand verließ
die verdunkelte Stadt des Absurden,
des Champagnes, des Kognaks,
der Seidenenstrümpfe

in den Kellern der Gestapo
wurden die grausamsten Foltern verordnet:
das Schlafverbot, das Gebot zu schreiben
über alles und jedes – damals wußte man gar nicht
daß nicht weit davon
in einer Mansarde des Quartier Latin
dies ein modus vivendi  war

 Deutsch von Georg SCHERG

 

Home